Bücher






NachSchlag
Post-Beat-Gedichte
unter Beigabe einer prosaischen Seifenblase
Vorwort von Uwe Herkt

Klappentext: Von „Hold back the edges of your gowns“ (William Carlos Williams) zu „let your knickers down“ (John Winston Lennon) ist es nur ein kleiner Schritt. Von Beat zu Beat. Von Beatniks zu Beatles. Für Michael Wüstefeld ist es ein ziemlich weiter Weg gewesen. Der führte ihn zwar nicht in die Hölle, aber mit Rolf Dieter Brinkmann „Ostwärts“, dann von Dresden nach San Francisco, erst mit dem Finger auf der Landkarte, schließlich mit Delta Air Lines über den Teich. Wüstefeld hat das Postulat von Robert Creeleys „The Conspiracy: You send me your poems, I’ll send you mine“ wörtlich genommen. Weil höchstens an eine spirituelle Begegnung zu denken war, hat er den Dichtern, lebenden wie toten, seine Gedichte gesendet. Dieser „NachSchlag“ betet nicht nach, ist weder AbKlatsch noch NachAhmung. „wer die schönsten deutschen 'Post-Beat-Gedichte' geschrieben hat“ (Uwe Herkt), der kann damals wie heute sanft und zornig sein.

Meinung: „Noch heute beeindrucken diese Gedichte in ihrer Kombination aus raffinierten Wortbedeutungsspielen und rotzfrechem Ton … Ein wohltuendes Gegenprogramm zu manch blutarm verkopfter Absolventenlyrik der Gegenwart.“ Tomas Gärtner


Gegenwärtige Vergangenheit
Gedichte aus vierzig Jahren
Auswahl und Nachwort von Wulf Kirsten
Mit Bildern von Peter Graf

Klappentext: Von früh an bewährt sich Wüstefeld als geistreicher Wort-Arbeiter: in wartender Geduld wie ungeduldigem Warten. Immer wieder beweist er sich mit regelrechter Schreibfreude als Meister treffsicherer Sprachkombinatorik, in der er mit Ironie, oft zwischen den Zeilen zu lesen, Sinnzusammenhänge herstellt . . .

Der konzentrierte Überblick, den die Auswahl präsentiert, hebt hervor, unterstreicht, was charakteristisch ist für Wüstefelds gesellschaftskritische, geschichtsrelevante deutschsprachige Lyrik aus vier Jahrzehnten und die »eigene Stimme« erkennen läßt. Die versierte Anwendung möglichst vieler lyrischer Mittel und Möglichkeiten sorgt für Abwechslungsreichtum, Spannweite, Flexibilität und Korrespondenz.


                                              Wulf Kirsten (Auszug aus dem Nachwort)



Zitat:

Stoßgebet eines Gedichtes

  

Gib mir meinen Leser jetzt

Vergib ihm der Einzige zu sein


Führe mir einen zweiten Leser zu

Verführe ihn nicht der Letzte zu sein


Nimm mich im Bunde zu einem Dritten mit

Vernimm mein poetisches Bescheidensein



Meinung: „… dass die den widerspenstigen Geist des früh verstorbenen Rolf Dieter Brinkmann suggestiv und mit langem Atem heraufbeschwörende ‚Litanei vom Ende‘ keineswegs nur ihres Umfangs wegen felsenfest und weit oben auf Wüstefelds imaginärer Liste seiner besten Gedichte ihren Platz haben sollte, steht ebenso fest, wie die Tatsache, dass das von Peter Graf bebilderte, Manfred Richter gestaltete. in Altenburg sorgfältig gedruckt und gebundene sowie bei SchumacherGebler in Dresden präzise als Gesamt-Kunst-Werk gefertigte Buch den meisten Lesern ein nachhaltiges Fest für die Sinne bescheren dürfte.“ Norbert Weiß





Kinogeschichten
ISBN 978-3-95498-228-8

Klappentext: "Es beginnt mit dem sowjetischen Film „Tierfänger“ in einem Saal der gar kein Kino war und endet mit „Concert for Bangladesh“ in einem Freilichtkino am Balaton. Dazwischen gibt es „Chronik eines Mordes“ und „Söhne der großen Bärin“ von der DEFA, Mantel- und Degenfilme wie „Fanfan der Husar“ und „Die drei Musketiere“, mit „12 Uhr Mittags“ den ersten Western und mit „Spartacus“ den ersten Monumentalfilm. Detailversessen und ironisch gebrochen erzählt der Dresdner Autor Michael Wüstefeld von seinen „Kinoerlebnissen“ in den 1960er Jahren - von den Filmen, die damals liefen, als er Filmbühnen, Lichtspieltheater und Paläste ebenso wie Prädikatshürden und Sommerfilmtage enterte."

Zitat: „Auch wenn sie sich vornehm »Filmtheater« nannten, waren die meisten von ihnen nur Flohkisten. Es waren Ballhäuser, Gasthöfe, Turnhallen, Schulaulen, Hörsäle, Kulturhäuser. Aber es gab sie. Sie spielten dreimal am Tag, Sonntagvormittag für Kinder und mitunter eine Matinee. Ihre Sitze waren meistens hart, knarrten, quietschten, knallten bei jeder Bewegung. Manchmal war es in den Reihen so kalt, daß man noch im Wintermantel fror. Dann wieder stand die Luft im Saal, so daß zwischenzeitlich die Türen geöffnet werden mußten.“

Meinung: "Ein außergewöhnlich Filmbegeisterter berichtet hier - nicht trockene Fakten, sondern Erlebnisse, Abenteuer. Wir können ihn da vor der Leinwand sitzen sehen, diesen Jungen aus der Südvorstadt, mit großen Augen, roten Ohren und klopfendem Herzen ... Es ist ein Blick zurück mit dem Wissen von heute, ein Selbstporträt des Jugendlichen von einst im Kinolicht. Erinnerungen, die ansteckend wirken, weil sie unsere eigenen wachrufen." Tomas Gärtner



Fünfkirchen fünf vor zwölf 
Ein Pécs-Tagebuch
Mit Zeichnungen von Angela Hampel

ISBN 978-3-941209-37-4

Klappentext: "Ein Tagebuch aus dem Jahre 2012, verfasst während eines zweimonatigen Aufenthaltes des Dresdner Schriftstellers Michael Wüstefeld im südungarischen Pécs/Fünfkirchen. Die festgehaltenen Tagesnotizen weiten sich zu einem Reise- und Arbeitstagebuch aus. Nicht selten münden die Notizen in melancholische Spätsommerverse, die um ungarische Eigenheiten und dichterische Vergeblichkeit kreisen."

Zitat: "Vormittags grauer Himmel. Als wollte Regen aufziehen, der aber nicht kam. Prompt liefen die kälteempfindlichen Ungarn mit Jacken und Regenschirmen durch die Gassen. Nachmittags wieder eine hitzig stichelnde Sonne. Gang zur Markthalle. Ein herrliches Durcheinander von Stimmen, Gerüchen, Farben und Formen. Schade nur, daß ich die Stimmen nur deuten, nicht verstehen kann. Ein wirklicher Verlust."

Meinung: "Selten geben Schriftsteller derart offen über ihr Verletztsein Auskunft … Doch dann gibt es Augenblicke, da fällt der gedankliche Ballast ab, und alle Sinne öffnen sich für die Fremde. Der Gast spaziert durch die Altstadt von Pécs, er besucht Museen und Kirchen und vergnügt sich bei Welspaprikasch und Topfenfleckerln … In solchen Szenen erweist sich der Dresdner Schriftsteller als präziser Beobachter, scharfsinnig, poetisch und originell." Karin Großmann

 

 

 

Märchen von einem, den es als Schloßschreiber aufs Land zog
Märchenhafte Erzählung
Rheinsberger Bogen 40
Rheinsberg 2014
(Bezug direkt über das Literaturmuseum - siehe Link)

Zitat: "Viele Jahre lebte in einer großen Stadt ein nicht mehr ganz junger Mann, der dort in einer Mansardenstube saß und von früh bis spät schrieb. Briefe schrieb er, Einkaufszettel, Rechnungen, Steuerbescheide, Anträge ins Ungewisse. Am liebsten aber schrieb er Gedichte. Weil nun die große Stadt, in der er schon viele Jahre lebte, im Tal lag, wurde er 'Taldichter' genannt. Was als Spott gedacht war, gereichte ihm zur Ehre. Er war gern der Taldichter."


Ferner näher

Gedichte
Zeichnungen von Angela Hampel
Selbstverlag, Dresden 2013
(nachzufragen bei den Künstlern, Preis 75 €)

   Annotation: Die Gedichte entstanden während eines Aufenthaltes in Süd-Ungarn. Melancholische Spätsommerverse kreisen um ungarische Eigenheiten und dichterische Vergeblichkeit.
Angela Hampel tuschte eine Bilderfolge, die zwar sichtbar von den Gedichten inspiriert aber nicht illustrierend ist.





Zitat:
Ferner näher


Je ferner wir erreichbar sind
Umso unerreichbarer nähern wir uns

Je mehr wir uns billigen
Umso teurer kommt es uns

Je heller wir leuchten
Umso dunkler wird es um uns

Je grober wir behauen sind
Umso glatter der Aal in uns

Je genauer wir erkennbar sind
Umso unerkennbarer zeigen wir uns

Meinung: "Mit nur neun Gedichten in einem Künstlerbuch ... stellt sich Michael Wüstefeld in die erste Reihe Dresdner Dichter ... Die grafische Ausstattung des in Kleinstauflage edierten Buches durch Angela Hampel gleicht einer behutsamen Gratwanderung." Heinz Weißflog 


 

    'Geniereise' über einundsechzig Stufen

Calwer Hermann-Hesse-Stiftung, Calw 2011            


Annotation: "Nein, ich habe ihn nicht persönlich gekannt, ihm keine Briefe geschrieben oder ihm gar von mir selbst gefertigte Gedichte geschickt, in der Hoffnung, er möge sie loben. Auch bin ich niemals über die Mauer seines Grundstücks in Montagnola geklettert, um dann vor einem bellenden Hund flüchten zu müssen, wie es einer meiner Ffreunde von sich behauptet. Nein, so weit ging meine Liebe nicht." Dies gesteht aus lauterer Kehle der Dresdner Dichter und 
 Hesse-Stipendiat 2010 der Stadt Calw Michael Wüstefeld in seiner Hommage auf  Hermann Hesse, die dennoch einer verhaltenen Liebeserklärung ähnelt. (N.W.)





Paris, geschenkt

Romanbericht 

THELEM UNIVERSITÄTSVERLAG, Dresden 2008

ISBN 978-3-939888-38-3

Klappentext: "Niemand kann zweimal in denselben Fluß steigen. Niemand kann eine Reise zweimal unternehmen. Oder doch? 1988 erhält ein Schriftsteller aus Dresden eine Einladung des französischen PEN-Clubs, zu einem vierwöchigen Arbeitsaufenthalt nach Paris zu kommen. Das Unmögliche geschieht für den Schriftsteller öffnet sich im Eisernen Vorhang ein Loch. In Paris angekommen, wird schnell klar, nicht der PEN hat eingeladen, sondern eine Stiftung, die Künstlern aus dem Ostblock zu Stipendien verhilft. Aber wer steckt wirklich dahinter? Mit wem arbeitet die Stiftung zusammen? Nicht zuletzt diese Fragen führen den Schriftsteller 1995 wieder nach Paris.Wüstefelds 1988 und 1995 unternommene Reisen sind auch Zeitreisen und sie sind Reisen in die Seelenwelt eines Menschen, der den Zusammenbruch eines Weltsystems erlebt hat. Sein Paris, geschenkt reiht sich ein in die literarische Tradition berühmter Reisender, die an fremden Orten unsagbar viel erfahren vor allem auch über sich selbst."

Zitat: "Es hat keinen Auftrag gegeben ... Was es wirklich gegeben hat, war eine Einladung, die mich 1988 als eingeschriebener Brief erreichte. Der Aufkleber auf dem Umschlag leuchtete blau, recommandé war aufgedruckt, was im Einerlei des Postalltags nicht nur korrespondierend, sondern auch regelwidrig konspirativ wirkte ... Die Einladung des Präsidenten brachte mich in Verlegenheit. Wenn sie als eine poetische Metapher zu verstehen war, kam ich nicht dahinter, was sie für Bilder heraufzubeschwören gedachte. Wie sollte ich als poèt nach Paris kommen, wenn mir im Kopf kein Weg dorthin einfallen wollte? Trotzdem gedachte ich, die Einladung anzunehmen, wie einen Traum, dem man sich nicht verweigern kann. Die Verlegenheit kam aus dem Gerede, das die Einladung in Gang setzte. Und daraus, wie wenig ich sie erklären konnte. Später hätten die heimatlichen Kleingärtner gern gehört, dass ich mich erkläre, dass ich ernsthaft und vor allem reumütig bekenne, was für eine Bürgschaft zu hinterlegen war, damit ich von Dresden nach Paris fahren konnte. Denn irgendeinen faulen Kompromiss musste der doch eingegangen sein, um den eisern verhangenen Horizont hinterfahren zu können, raunen sich die Kleingärtner heute noch zu. Aber ich werde gar nichts erklären, höchstens davon erzählen kann ich."

Meinung: "Die erzählerische Dichte ist frappierend ... Ein charmantes, nicht ohne Spuk und Selbstironie geschriebenes Buch, eine Referenz an Paris, ein Buch über den Versuch, Geschichte zu verstehen, ein poetisches Intermezzo zwischen Mauer und deutscher Einheit." Heinz Weißflog



Das AnAlphabet
Gedicht
ISBN 978-3-86521-559-8
Vergriffen (Kann beim Autor zum Preis von 10 € plus Versandkosten bestellt werden.)

Klappentext: "Die Aprikosenbäume der großen dänischen Lyrikerin Inger Christensen haben Michael Wüstefeld inspiriert, ihr berühmtes Langgedicht "Alphabet" fortzuschreiben. Mit A wie "Aprikosenbäume" begann sie Wörter, Bedeutungen und Klänge zu erkunden, einen Kosmos aus Resonanzen zu erschaffen, und endete mit dem Buchstaben N. 
Michael Wüstefeld betritt die Welt der Buchstaben gleichsam durch die Hintertür: Mit Z wie "Ziegenmelker" rollt er das Alphabet von hinten auf und dichtet sich auf die gleiche Weise voran - wiederum bis zum N mit seinen "Nachtschattengewächsen", "Nichtschwimmern" und "Notgroschen". Das AnAlphabet ist ein Spiel mit Wörtern, das mit strengen Regeln beginnt und in eine ungeheure Vielfalt und Sprachlust mündet."

Zitat:
1
Überall Ziegenmelker, Ziegenmelker, und Zigarettenkippen überall

2
Überall Y-Chromosomen, auch Yang und Yin

und der Yen, und Yankees, Yankees überall

3
Überall X-Haken schlagende X-Beinigkeit

X-Strahlen und X-Chromosomen verursachen X-Beine
auch X-Beliebigkeit, x-beliebige X-Beliebigkeit überall

4
Überall Winterling, Wirsing und Wolfsmilch
Witwen der Webervögel, und Wombats, die Wombats

wutschnaubende Wegwerfgesellschaft, überall Wegwerfwindeln
und Wegwerftaschentücher, wegwerfende Weltverachtung
diese Wegwerfmentalität, und Wehleidigkeit, Wehleidigkeit überall

5
Überall vulgäre Vorstehhunde beim Vorspiel
verfolgte Vogelspinne, verhungerter Vielfraß
und erst die Venusfliegenfalle, Vergißmeinnicht

trotzdem das Vergessen unvergänglicher Vergangenheit
überall unvollendete plusquamperfekte Vergangenheit
und das Vergessen, Vergessen und Vergaser im Verkehr
Vollgas gibt es das Volk, überall gibt es das gaskranke Volk
des Volks Vergaser ist das Vergessen, und vorwärts überall

Meinung: "Das "AnAlphabet" ist ein herrlich-wilder Sprachstrom, der schäumende Metaphern, rauschende Wort-Musik und vollvokalisch tönende Stromschnellen mit sich führt. Stellenweise ist der Strom so reißend, dass einem der Atem stockt ... Was für ein großer Wurf - und was für eine grandiose Huldigung an die viel gescholtene, unerschöpfliche deutsche Sprache!" Wolfgang Hädecke
"Entstanden ist ein Wortkunstwerk voller poetischer Überraschungen." Jürgen Engler



Frank Höhler/Michael Wüstefeld
Die Dresdner Philharmonie auf Reisen
Sandstein Verlag, Dresden 2002
ISBN 3-930382-78-4
Vergriffen

Klappentext: "Der Fotograf Frank Höhler begleitet die Dresdner Philharmonie seit 1992 regelmäßig auf ihren Reisen. Längst ist er kein nüchterner Beobachter mehr, keiner, der nur mitreist, weil ihm der Job gelegen kommt, der unbeteiligt neben dem Orchester oder ihm gar im Wege steht. Seine Fotos entstehen fast ausschließlich während der Proben, beim Einspielen, in den Pausen, hinter der Bühne. Frank Höhler dokumentiert das Unterwegssein nicht als Archivar. Seine Fotos folgen keinem ersichtlichen Plan, arbeiten keine in Auftrag gegebene Bestellung ab. Er ist alles andere als ein fotografierender Reisender, vielmehr ein reisender Fotograf mit unübersehbarer Leidenschaft für die kreative Wirkung des Zufalls. Wenn die Proben aus sind, geht er hinaus in die Straßen, wo er aber nicht Passant bleibt, sondern fotografiert. Indem er den Horizont von Garderoben und Konzertsälen aufbricht, gewinnt er Motive und Perspektiven hinzu, die weniger Kontrast und Ergänzung zum musikalischen Interieur sind, vielmehr eine andere Schicht wahrgenommener Wirklichkeit zeigen. Der vorliegende Bildband zeigt eine Auswahl seiner auf diesen Reisen entstandenen Fotos. Es sind Bilder von Eindrücken vor und hinter der Bühne, von Proben, Reisevorbereitungen aber auch von fremden Landschaften und Straßenszenen. Michael Wüstefeld schrieb einen einleitenden Essay dazu sowie ein Reisetagebuch über ein Gastspiel des Orchesters in  Athen."

Zitat:
--> "Minnesänger und Meistersinger, Barden und Troubadoure, von Jahrmarkt zu Jahrmarkt die Bänkelsänger, fahrenden Spielleute, Drehorgelspieler. In jedweder Gemeinde spielen glückliche Blaskapellen bei Feuerwehrbällen und Schützenvereinsfesten. Nicht totzukriegen und meistens reiselustig sind die musikalischen Alleinunterhalter, die es verstehen, noch mit dem abwegigsten Körperteil ein Instrument zu bedienen. Schließlich treibt es in einer "never ending tour" die in die Jahre gekommenen Liedermacher und Rockmusiker um, während Startenöre Kontinente überjetten, kein Eisberg, keine Oase, die von ihren Stimmen unberührt bleiben. Einer Reisekrankheit gleich, grassiert das Reisefieber. Wo es das Reisebuch und den Reisebuchhandel, die Reisegepäckversicherung und das Reisenecessaire gibt, sind Reisebühnen und Reiseorchester nichts ungewöhnliches. Beinahe jeder Musiker lebt mit dem Ortswechsel, gleichgültig ob das, wohin er unterwegs ist, Gastspiel, Tournee oder Mugge genannt wird. Sich dem unberechenbar Fremden zu stellen, sich dem fremden Publikum auszuliefern, gehört zum berufenen Musikeralltag, solange es Straßen und Transportmittel gibt."
 
Meinung: "Je mehr man sich in die Fotos vertieft, umso größer wird die Diskrepanz zwischen der statisch angespannten Atmosphäre im Konzertsaal und der gelösten Lebensfreude außerhalb: 'Drinnen im Saal die Pflege tradierter Musikkultur, der möglichst reine Kunstgenuß. Draußen in den Städten die überlieferte Alltagskultur, der selten reine Lebensgenuß. Drinnen walten die Regeln des Quintenzirkels, draußen regellose Spontaneität und Gesetzlosigkeit', so Michael Wüstefeld in seiner hervorragenden Einführung. So erscheinen 'Kunst' und 'Leben' in diesem Bildband erstaunlicherweise oftmals als nicht zusammengehörig, als zwei getrennte Welten, die nur schwer zueinander finden können." Rüdiger Behschnitt


Blaues Wunder
Dresdens wunderlichste Brücke
be.bra verlag, Berlin 2002
ISBN 3-930863-81-2
Vergriffen

Klappentext: "Seit 1893 überspannt sie die Elbe: die im Volksmund "Blaues Wunder" genannte Brücke, die Loschwitz und Blasewitz verbindet und neben Zwinger und Semperoper zu Dresdens Wahrzeichen gehört. Bautechnisches Wunder oder statische Kuriosität? Abbild des Zeitalters der Industrialisierung, Sinnbild gestalterischer Künste? Ein technisches, ein zeithistorisches Denkmal mithin, um dessen Bau, Farbgebung, Standfestigkeit sich vielerlei Geschichten ranken. Der Dresdner Autor Michael Wüstefeld lädt ein zu einer Begehung dieses „Wunders“. Er er­zählt von Bau, Konstruktion und Statik, von anerkannten, unbe­kannten und vergessenen Rettern der Brücke, er besichtigt Ankerkammern und Pylone, und er beschreibt das „alltägliche Wunder“ zwischen Schiller- und Körnerplatz, neben Elbhotel, Schillergarten, Standseilbahn und Holzoper."

Zitat: "Als längsseits der Elbe Westen und Osten nicht nur unschuldige Himmelsrichtungen waren, fragte mich ein Freund aus München, nachdem ich in einem Brief das 'Blaue Wunder' erwähnt hatte, was dieses Wunder sei, worin es bestünde, ob überhaupt in Dresden ein solches zu erleben wäre. Seine Fragen wunderten mich. Wer wohl, so fragten wir Talgeborene uns ahnungslos stolz, kennt denn das 'Blaue Wunder' nicht? Daran hat sich bis heute nichts geändert. Jeder Dresdner schließt, sozusagen von Geburt an, Bekanntschaft mit diesem Wunder und meistens den Pakt, es unzweifelhaft schön zu finden. Lieber lügt er das Blaue vom Himmel herunter, als zuzugeben, dieses Wunder sei nichts anderes als eine Brücke."

Meinung: "Es ist alles andere als eine lokalhistorische oder technische Darstellung, wie sie ein sachlich-distanzierter Betrachter geliefert hätte. Wüstefelds Text, voller poetischer Wortspiele, ist sehr persönlich, und nur das verschafft dem Leser Zugang zu einer entscheidenden Dimension: Welch wichtige Rolle nämlich diese Brücke im Leben der Menschen spielte." Tomas Gärtner



Wegzehrung
Gedichte
Verlag Buch & medi@, München 2001
ISBN 3-935284-33-0
Vergriffen (Kann beim Autor zum Preis von 10 € plus Versandkosten bestellt werden.)

Klappentext: "Michael Wüstefeld wurde einer größeren Öffentlichkeit erst Mitte der 80er Jahre bekannt, weil er kurz nach der Biermann-Ausbürgerung aus einer vom DDR-Schriftstellerverband unterstützten Fördergruppe junger Autoren ausgeschlossen wurde. Seine Gedichte aus den Jahren 1990 – 1999 mit dem bezeichnenden Titel »Wegzehrung« sind das Substrat seiner Erfahrung der Wendejahre. Der Blick auf das Tal wird zum sezierenden Rückblick auf die Vergangenheit, die Beobachtung der Gegenwart zur Erkenntnis "Alles ist anders geworden". Neben der scharfen Kunst zur Analyse zeugen Wüstefelds Gedichte zugleich aber auch von der Kraft des Worts, wenn er eine Analogie zwischen Geschichte und Gedicht herstellt: "Geschichte wird nicht geschrieben/Geschichte geschieht/Ein Gedicht auch."

Zitat:


Das Tal
für Ch.Lehnert
Vergreist, die Finger biegen sich in Gicht
um Pinsel Taktstock Portemonnaie
Barocke Nebel und Verklärungslicht
pudern Gestriges mit ewigem Schnee

Gleich einer Krankheit angezaubert
krümmt sich der Fluß im Tal
in Hügeltiere eingebettet aber zaudert
tief zu sein meistens nur flach und fahl

Narren sind wir, die gern Fröhlich heißen
Mühlen drehen voll Gebet und frommer
Sprüche die wir aus süßer Watte beißen:
Ein goldner August bringt keinen Sommer

auf Dächer Spiegel matten Scheiben
zersplittert Welt in gepolsterten Stuben
Hinter Wissen ahnungsloses Treiben
unter uns talwärts lebendige Gruben



Meinung: "Ein sichtlich gereifter, kollegialer Dichter auf der Höhe seiner Zeit mit einem fast durchgängig souverän gehandhabten formalen Instrumentarium, einer kultivierten, verfeinerten Sprache, die auf paradox schöne Weise von der wohltuenden Sensibilität ihres Autors spricht, der nicht nur seine materielle Sicherheit verloren hat, sondern auch Hornhaut und Scheuklappen: Herzlichen Glückwunsch." Richard Pietraß

"Die Bild- und Symbolwelten der Gedichte werden im wahrsten Sinne des Wortes geerdet, zurückgeführt auf eine existenzielle Einfachheit und Klarheit, die sie zu Chiffren des Lebens machen." Klaus Michael


Schobers Zimmer
Erzählung
Verlag DIE SCHEUNE, Dresden 1998
ISBN 3-931684-18-0
Vergriffen (Kann beim Autor zum Preis von 5 € plus Versandkosten bestellt werden.)

Klappentext: "Die Erzählung setzt ein, wie Schober sein Mansardenzimmer betritt, in dem er zu sich kommen will; doch da sitzt rittlings eine Frau auf seinem Stuhl; gleichschenklig, wie der Mathematiker sieht ... Mit sprachlicher Prägnanz, eindringlicher Bildhaftigkeit, bohrend und hintergründig schildert Wüstefeld ein - oder das - ostdeutsche Dilemma: das Ungeliebte losgeworden zu sein und das Neue, nachdem die glänzende Folie zerrissen ist, als Unpassendes, als Nichtgewolltes erfahren zu müssen. Wenn es Schober überhaupt zu fassen bekommen wird, dann am falschen Ende. - Schober, der Mathematiker, wird jetzt Rollschuhe testen. Vielleicht." Joochen Laabs

Zitat: "Die Montagsspaziergänge durch den Herbst standen mit den Füßen in einem eigenwilligen Zusammenhang. Je unübersehbarer sie in wachsender Menge Straße für Straße durchliefen, desto mehr erfuhren sie an den Tagen danach aus Zeitungen und Nachrichten, was sie im Laufen ausgehandelt hatten. Sie verhandelten nicht, sie handelten, indem sie liefen. Zwar waren sie immer irgendwohin gelaufen, plötzlich aber ging es nicht mehr gegeneinander, sondern miteinander, nicht im Gleichschritt, aber in die gleiche Richtung. Keiner hatte die Richtung vorgegeben, jedoch muß es schon mit dem ersten Schritt die richtige gewesen sein. Die Füße waren nicht dem Selbstlauf überlassen, gingen aber meistens wie von selbst. Erstmals glaubte Schober, in dieser Art von Bewegung einen Fortschritt zu erkennen. Es hieß, mit dem Kopf sich der Schritte bewußt werden, ohne zu stolpern, ohne auf die eigenen Füße oder die des Nebenmannes zu treten."

Meinung: "Mir scheinen jene Passagen am stärksten, in denen er (Wüstefeld) sich von den bedeutungsschweren Worten löst, wo er einfach erzählt, auf die Wirkung der Sprache und die Intelligenz des Lesers vertrauend." Jens Wonneberger

"Deutsche Anatomie"
Gedichte
tende Verlag, Dülmen 1996
ISBN 3-88633-023-0
Vergriffen 

Klappentext:
"Die 'Deutsche Anatomie' führt in langen erzählenden Gedichten von 1995 rückwärts bis 1977. Die Texte sind vom deutschen Dilemma geprägt, vom Abbau aller Losungen, von der Wende, von alten und neuen Hoffnungen. Michael Wüstefelds Erinnern zielt vom Heute ins Gestern: für jedes Jahr hat er ein kurzes Gedicht hinzugestellt, so daß eine lebendige und kritische Montage der 'Deutschen Anatomie' entsteht."


Zitat:

           
Deutsches Sonett (1983)


            Alle meine Väter waren Deutsche
            Und die Dichter die ich liebe auch
            HeimatWorte liegen mir im Bauch
            Und verstärken meine HerzGeräusche

            Wieviel hundert Jahre Ost und West
            Teilen Land und Himmel ein
            Auf uns fällt der Wörter Leim
            Wie ein Regen mehr als bittrer Rest

            Alle meine Väter waren Deutsche
            Aber ich soll keiner sein
            Was mein Kopf noch von den Schulen weiß

            Die Geschichte eine neue Seuche
            Ach das Herz schlägt zweierlei
            Den Verstand gerade und im Kreis


Meinung: "Michael Wüstefeld gehört zu den Autoren, die durch ihr Aufwachsen in der DDR entscheidend geprägt sind und diese Signatur auch nicht einzuwechseln bereit sind. Der prominent herausgebrachte Gedichtband Deutsche Anatomie führt ins Jahr 1977 zurück, aus dem das Titelgedicht des damals 26jährigen Autors stammt: "Zwei Beine beim Schritt / entfernen sich // und sind zusammen/ gewachsen doch". Das war eine kritische Position, gerichtet auch gegen das Pathos, mit dem die Älteren sich im Sozialismus poetologisch zurechtfanden." Alexander von Bormann


Frank Höhler/Michael Wüstefeld
"Schloß Pillnitz - Bilder und Ansichten"
Sandstein Verlag, Dresden 1996
ISBN 3-930382-11-3
Vergriffen 

Klappentext: "Dresdner und ihre Gäste schätzen die Residenz Pillnitz. Die einen mögen die exotisch anmutenden Gebäude, die Treppe zur Elbe, die Serenaden. Andere lieben die gärtnerischen Kunstfertigkeiten und das ausgestellte Kunsthandwerk im Museum. Wieder andere schwärmen von nichts als den Bäumen im Park. Die Autoren des Buches schwärmen nicht. Der Fotograf Frank Höhler zeigt Pillnitz in distanzierter Sachlichkeit. Einige seiner Bilder blicken scheinbar um Jahrhunderte zurück und erzeugen einen Hauch Melancholie der Vergänglichkeit. Der Text von Michael Wüstefeld sucht nach Erinnerungen, die um Pillnitz als Ausflugsort kreisen. Mit dem Ausruf: 'Ins Grüne!' nähert und entfernt er sich liebevoll und ironisch zugleich. Dazwischen wird in zahlreichen Details dem Pillnitzer Interieur Raum gegeben."

Zitat: "Als gäbe es nur den einen Weg, um in den Schloßpark zu gelangen: von Westen, von der Stadt aus. Und wirklich, als Kind kam ich mit Eltern und Schwestern immer von dort. Aus der Südvorstadt mit dem O-Bus bis Körnerplatz, wo wir in die Vier umstiegen, die dann mit Tempo Zehn durch die Pillnitzer Landstraße taumelte, vorbei an der Loschwitzer Kirchruine, am Künstlerhaus und bei Heinrich fast durch den Schankraum. Die Wagen der Elektrischen hatten noch Holzklasse. Längs zur Fahrtrichtung standen zwei lange Holzbänke, auf Hochglanz poliert von Hosenböden, Kostümröcken und Übergangsmänteln, die sich einen Sonntagsausflug gönnten. Man saß sich gegenüber, tauschte abschätzende Blicke über die auf Bruch gebügelten Hosen oder die regelmäßige Ordnung des Plissees. Am liebsten stand ich auf dem Perron, wo ich, wenn zur schönen Jahreszeit die Fensterläden geöffnet waren, hinaussehen konnte, ohne mich hinauszulehnen, was verboten war auf Schildern und aus Vaters Mund. Wenn wir vor einer eingleisigen Strecke auf die Gegenbahn warten mußten, sah ich voran auf die Ampeln, die wie kleine Lampions zwischen den Fahrleitungsmasten hingen und warnend ihr Rot zeigten. Wenn die aus Pillnitz kommende Vier unserer Bahn krachend auf das Nebengleis auswich, haarscharf wie es aussah, schalteten die Hängeampeln auf Grün, damit wir weiter ins Grüne kamen."

Meinung: "Es gibt viele Varianten, über Pillnitz zu schreiben, die geläufigste ist, die Örtlichkeit kulturhistorisch zu fassen. Michael Wüstefeld geht andere Wege. Der Dresdner Autor ist so frei, und Courage gehört dazu, sein Pillnitz zu erzählen, wie er den Ort erlebt hat als Kind, und wie er ihn heute wahrnimmt, nunmehr mit den eigenen Kindern durchs Gelände spazierend ... Mit freundlichem Charme und Empfänglichkeit für Skurriles, trotzdem unaufdringlich blickt Wüstefeld zurück." Hans-Peter Lühr

"Amsterdamer Gedichte"

 Hellerau-Verlag, Dresden 1994
ISBN 3-910184-37-5
Vergriffen 













Zitat:
Koninginnendag

Den Müll weggetragen
Die Wohnung geputzt
Das Bettuch geschüttelt
Das Du aus dem Spiegel benutzt
          Der Königin wegen
Den Bettler beschenkt
Mit Dresden gesprochen
Das Fähnchen geschwenkt
Den Stein aus der Krone gebrochen
          Der Königin wegen
Die Huren gemieden
Die Streife gegrüßt
Das Standbein gewechselt
Den Kaffee einmal ungesüßt
          Der Königin wegen  
Den Flug unterbrochen
Die Hymne gesungen
Den Michel versetzt
Das große Jammern verklungen
          Der Königin wegen 
Die Grachten überfüllt
Der Schreibtisch verwaist
Die Türen verschlossen
Das letzte Ich ist abgereist
          Der Königin wegen 



"Grenzstreifen"
Erzählung
Verlag Ulrich Keicher, Warmbronn 1993
ISBN 3-924316-64-3

Zitat: "Es war der Sommer nach der Grenzöffnung. Für uns, in deren Geburtsurkunden für immer DDR eingetragen bleibt, hatte eine andere Zeitrechnung begonnen. Für uns gab es ein neues Jahr Null.
Es waren die Sommerferien nach der Grenzöffnung. Was trotz der abgebogenen Geschichte unverändert blieb, waren die lange Zugfahrt von Dresden nach Mecklenburg und das schilfgedeckte Haus, das wie immer nach Sonne, Regen und Feld roch. Wie in jedem Jahr standen unsere Fahrräder im Garten und saß die schwarze Spinne im Netztunnel hinter dem Wasserrohr. Der Kletterpfad führte noch auf den Nuflbaum und die alten Bücher lagen in der Truhe.
Es war der erste Sommerurlaub nach der Grenzöffnung. Wir erkannten, daß wir auch westwärts fahren konnten und daß das Land dort weiterging, worüber Wanderkarten schwiegen. Auf einmal wussten wir, daß selbst diese Karten eine Lüge waren. Plötzlich fragten wir uns, wieso wir darauf gekommen sind, ihnen zu glauben."


Meinung: "Michael Wüstefeld erzählt von einer Fahrradfahrt, die Vater und Sohn im Sommer 1990 entlang der ehemaligen Demarkationslinie in Mecklenburg unternahmen ... Die mit eigener Muskelkraft betriebene Reise entfaltet in lakonischer Plastizität das Drama einer Grenzerfahrung: Behinderung beim Vorwärtskommen entlang dem Plattenweg, den sonst nur Jeeps benutzen, Angst vor Tretminen, Erschöpfung, Euphorie über die Aussicht, Skrupel wegen des Kindes, das in das Abenteuer hineingezogen wird, rückblickende Grübeleien und plötzliche Inspirationen." Ingeborg Harms

" Prägnant und mit der konstituierenden Kraft des Details erfaßt Wüstefeld die Situation jenes Sommers 1990, in dem sich alles noch in seltsamer Schwebe hielt ... Da hat jedes Wort seinen Platz. Angespannte Stille staut sich zwischen den Sätzen, deren maßvolle Diktion den Lyriker verrät." Rudolf Scholz



"Nackt hinter der Schutzmaske"
Erinnerungen
Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar 1990
Vergriffen (Kann beim Autor zum Preis von 5 € plus Versandkosten bestellt werden.)


Klappentext: "Sechsundachtzig Tage war Michael Wüstefeld Reservist der Nationalen Volksarmee. Danach schrieb er auf, was mit ihm in dieser Zeit geschah: für die Schublade, denn das Thema verstieß gegen ein Tabu. Nun liegt das Buch vor. Eine bestürzende Aussage über die Not eines Menschen, der einem demütigendem Reglement von Disziplinierung und Entwürdigung ausgesetzt ist. Seine Überlebensstrategie: das System der Fremdbestimmung durchschaubar zu machen, das mündige Menschen zu Instrumenten macht. Die kurzen Skizzen rekapitulieren die Anstrengung der Selbstbehauptung und der Abwehr autoritärer Strukturen, tabuisierter Feindbilder, vergewaltigter Sprache." 

Zitat: "Ist es zu früh, sich zu erinnern und zu beschreiben, was zwei Jahre zurückliegt? Kann man für Erinnerungen zu jung sein? Ich glaube, daß man früh damit beginnen muß, das Gedächtnis zu wecken, es am Dunkelwerden zu hindern, ehe noch jemand den Befehl geben kann, es für immer zu löschen."



"Stadtplan"
Gedichte
Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar 1990
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Zitat:
Löwenkopf an Pillnitzer Elbschloßmauer
Aufgerissnes Maul versteinert sich
In das Feuer lege ich
Meine Haut ehrliche Hand
Lügenprobe an der Wand

Schnapp zu du Löwenmaul
Ich komm vom Kirschenklaun
Hab den Fährmann betrogen
Und meine Katze belogen

Ich bin nicht meines Namens Engel
Bin kein Kater auch Löwe nicht
Manchmal nur nenn ich mich Falke

Ich bin auch nicht der deutsche Michel
Der euch die Wahrheit kunstvoll bricht
Und hofft euch genüge die halbe
 

Meinung: "Der Dichter arbeitet als Stadtvermesser, der die wechselvolle Geschichte der 'Chimäre Dresden' (Durs Grünbein) gegen den Strich liest. Die zerstörte 'FrauenKirche', das einstige Übigauer Schloss und nachmalige Verwaltungsgebäude des VEB Dampfkesselbau, das ausgefahrene und inzwischen musealisierte Straßenbahnmodell 'Hechtwagen' - diese Orte sind Gegenstand einer teils melancholischen (doch nirgends nostalgischen), teils etwas mokanten Betrachtung." Michael Braun (Merzenich)


"Heimsuchung"
Gedichte
Aufbau-Verlag, Berlin und Weimar 1987
Vergriffen

Klappentext: "Ihr könnt mit mir reden / wo immer wir uns begegnen / am Rand irgendeines Geschehens / vielleicht in der Elektrischen / wenn ich neben euch stehe / genügt es zu flüstern / vielleicht in einem Café / wenn ich euch gegenübersitze / genügen wenige Worte / vielleicht auf der Straße / wenn wir aufeinander zugehen / genügt schon ein Lächeln / Immer könnt ihr mit mir reden / Jedenfalls spreche ich so zu euch"


Zitat:
    Nehmen wir zum Beispiel die Sonne
   
die jeden Tag geht
    Keine Behörde der Welt
    verstellt ihr den Weg
    mit ko(s)mischen Formalitäten
    Wer schon versteht sie
    als Auflehnung gegen Gesetze
    Jeder von uns hat einmal gewartet
    auf den Schein ihres Aufstiegs
    Alle haben wir schon gehofft
    im Licht ihres Untergangs
    Sie ist eine die wiederkommt
    auch wenn sie gegangen ist
    und wir haben uns daran gewöhnt
    daß es uns nicht mehr verwundert
    wenn wir anders sind als sie
    daß es uns vielleicht noch verwundet
    wenn wir unsre Flügel nicht gebrauchen können
    Nehmen wir der Sonne Beispiel
    Kommen und Gehen
    von keinem gehalten
    mit TreueSchwüren sonstwelcher Art
    Nichts zwingt sie zu bleiben
    kein Manifest kein Fragebogen
    Rot kommt sie
    Rot geht sie
    Sie wärmt den Osten
    Sie erheitert den Westen
    Schatten die sie baut
    sind hier wie dort
    von gleichem Wert
    Nehmen wir das Beispiel der Sonne


Meinung: "Wenn immer wieder als Sujet, als Motiv oder Metapher die Loschwitzer Elbhänge, das Blaue Wunder, die Schwebebahn und die Fähre auftauchen, dann wird mit ihnen nicht nur lokale Besonderheit beschrieben oder gepriesen, sondern sie gewinnen aus ihrer sinnlich erlebten Gegenständlichkeit und Plastizität heraus stets auf eine ganz charakteristische Weise weitergreifende Bedeutung; Räumliches erhält seine vierte Dimension." Dorothea Gelbrich